Wie du ständiges Grübeln stoppen kannst
Warum es überhaupt nichts bringt, aus Grübelattacken und dem Gedankenkarussell schlau werden zu wollen und was du stattdessen tun kannst.
Kommst du auch manchmal aus dem Grübeln nicht mehr heraus? Die Zeit scheint kaum zu vergehen, während du stundenlang in einem Gedankenkarussell gefangen bist. Dann fällt es dir auch sehr schwer, irgendetwas zu tun, da du vor jeder Entscheidung wieder in ein neues Gedankenkarussell fällst… und obwohl die Zeit kaum zu vergehen scheint, liegst du in diesem Zustand vielleicht stundenlang auf dem Bett oder läufst Kreise in deiner Wohnung… Ja, zu viel Grübeln kann für die Betroffenen sehr belastend sein. Die Auslöser sind unterschiedlich.
- Vielleicht hast du einen Fehler gemacht.
- Vielleicht hast du Angst bekommen, dass sich dein Leben nie ändern wird.
- Vielleicht erinnerst du dich an eine schlimme Zeit zurück.
- Vielleicht trauerst du einer verpassten Gelegenheit oder einem Verlust hinterher.
- Vielleicht kreisen sich deine Gedanken noch nicht mal um dein eigenes Leben… vielleicht hast du einfach nur in einer Serie/ einem Film sehr emotional mitgelitten und „lebst“ in Gedanken nun in der Handlung weiter. „Oh Gott… wie konnte sie das nur tun??? Ich kann es einfach nicht fassen…“.
- Vielleicht hast du auch etwas Schreckliches in den Nachrichten gehört und steckst nun in verzweifelten Fragen fest. „Wie kann man jemand Anderem nur so etwas antun?“ oder „Warum machen Menschen so etwas??? Die Welt ist so ein grausamer Ort… warum? WARUM?“.
Keine Ahnung, was davon auf dich zutrifft. Ich weiß jedenfalls, dass ich selbst jede einzelne der oben beschriebenen Situationen schon oft durchgemacht habe und danach stundenlang, manchmal den ganzen Tag, nicht mehr aufgestanden bin, während ich aus dem Grübeln nicht mehr herausgekommen bin.
Deshalb weiß ich auch, wie zerstörerisch ständiges Grübeln sein kann.
Der Teufelskreis der Grübelei bei Depressionen
Grübeln und Depression gehören meist zusammen. Grübeln ist bei den meisten Depressionen sogar das unangenehme Hauptsymptom.
Denn es gibt kein Ende in einem Gedankenkarussell! Es gibt leider keine richtigen Medikamente gegen Grübeln und es macht auch keinen Sinn, diese Gedanken weiterzudenken. Kennst du diese Aha-Momente? Diese Momente, in denen du im Kopf die Lösung für etwas gefunden hast, das dich lange Zeit belastet hat, du leicht bescheuert grinsen musst (zumindest wurde mir immer gesagt, ich hätte dann so ausgesehen) und eine große Last von deinen Schultern zu fallen scheint, weil du nun endlich die (Er-) Lösung gefunden hast?
Vielleicht erhoffst du dir so einen Moment, wenn du in deinen Gedankenkarussellen weiterdenkst. Vielleicht wartest du darauf, dass in deinen Gedanken irgendwann ein Sinn erkennbar wird, der deine negativen Gedanken und die damit verbundenen Gefühle der Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung wieder verschwinden lässt.
Hier gibt es aber ein riesengroßes Problem:
In DIESEM Zustand wirst du diesen erlösenden Moment NIE bekommen.
Denn wenn du aus dem Grübeln nicht mehr herauskommst, dann steckst du in einem Zustand fest, in dem sich deine Gedanken verselbstständigt haben – oft Gedankenkarussell genannt. Du hast nur noch bedingt Kontrolle über sie. Dein Unterbewusstsein richtet deinen Fokus nun automatisch auf immer neue Gedanken, die deinen momentanen Gedanken ähnlich sind.
Soll heißen: Wenn du dich in Gedanken der Hoffnungslosigkeit, Wertlosigkeit, Verzweiflung und Hilflosigkeit verlierst, dann wird dein Unterbewusstsein auch weiterhin Gedanken anziehen, die DIESEN Gedanken ähneln.
Und diese Zwangsgedanken werden dann mit Sicherheit keine aufbauenden, motivierenden, fröhlichen und produktiven Gedanken sein. Kein ruhiges, konzentriertes und logisches Denken.
Es wird dir aber wahrscheinlich so vorkommen. Für dich sind diese Gedanken in dem Moment VÖLLIG logisch. Denn du findest ja auch immer neue Beweise dafür. Neue Beweise dafür, warum du „wirklich nichts auf die Reihe kriegst“, „die Menschheit schlecht ist und den Planeten nur zerstört“ oder „du einfach nicht stark/ attraktiv/ intelligent/ selbstbewusst genug bist“. Und ich glaube dir, dass du aus diesem Grübeln alleine nicht mehr herauskommst. Ich glaube dir auch, dass du diese Gedanken in dem Moment glaubst und dich nichts und niemand vom Gegenteil überzeugen kann, weil das ja alles völlig logisch erscheint.
Denn ich habe oft genug selbst darin festgesteckt. Ich weiß, wie schlecht und antriebslos man sich fühlt und wie diese Gefühle mit der Zeit immer schlimmer werden. „Analytische Lähmung“ nennt man das dann in der Fachsprache. Wir stecken in Zwangsgedanken fest und können uns nicht mehr zum Handeln überwinden.
Die Tipps gegen Grübeln
Okay. Jetzt wissen wir, worum es geht. Und wir wissen, wie wir NICHT herauskommen, die negativen Zwangsgedanken gehen lassen und wieder gelassener werden können, wenn uns das Gedankenkreisen fest im Griff hat. Aber wie löst man dieses Problem jetzt? Gibt es nun doch Medikamente gegen Grübeln? Leider nein. Wie also kann man das Grübeln abstellen?
Schauen wir uns noch mal kurz die Sachlage an: Unsere ständig neu auftretenden Gedanken haben sich selbstständig gemacht und entziehen sich deswegen unserer bewussten Kontrolle. Wir kommen da NICHT heraus, indem wir diese Probleme, über die wir nachdenken, LÖSEN wollen. Das heißt nicht, dass es keine Lösung dafür gibt oder dass wir zu „dumm“ dafür wären, sondern das heißt: Im JETZIGEN Zustand schaffen wir das nicht. Für logisches, konzentriertes und rationales Denken brauchen wir etwas mehr Ruhe in unserem Kopf, die wir momentan nun mal nicht haben. Die Zwangsgedanken haben die Oberhand.
Also haben wir 2 Möglichkeiten, um das Grübeln zu stoppen:
- Das Denken unterbrechen (zumindest für den Moment)
- Die negativen Gedanken durch positive ersetzen
Möglichkeit 1 (die schwerere aber schneller wirkende von beiden): Meditation
Setze dich hin. Konzentriere dich auf deine Atmung. Spüre deine Atemluft durch deinen Hals in deine Lunge fließen und dann spüre, wie sie wieder aus dir herausströmt. Mach das ein paar Atemzüge lang zur Entspannung.
Dann BEOBACHTE deine Gedanken. Schließe die Augen, schaue innerlich auf dein drittes Auge (etwas oberhalb und mittig beider Augen, also ca. zwischen den Augenbrauen) und stelle dir deine Gedanken als Wolken vor, die vor diesem Auge erscheinen und dann auch wieder gehen. Versuche NICHT, sie weiterzudenken, sondern lass sie langsam wieder verschwinden. Erlaube ihnen, da zu sein, aber halte sie nicht fest. Sei nur Beobachter. Dann wirst du merken, wie immer weniger Gedanken vor deinem geistigen Auge erscheinen, bis du irgendwann auch mal mehrere Minuten lang keine einzigen Gedanken mehr denkst.
Tue das dann eine Weile lang. Stell dir am besten einen Wecker, fange mit 5 Minuten an und arbeite dich mit der Zeit dann immer weiter in Richtung 20 Minuten.
Bei deinen ersten Versuchen wird es mit Sicherheit noch nicht perfekt klappen, die Zwangsgedanken sofort zu stoppen. Das ist völlig normal. Es gibt auch heute noch Tage bei mir, an denen ich einfach keine Ruhe in meine Gedanken bekomme. Aber der Versuch zählt. Und selbst, wenn es scheinbar gar nicht klappen will: Ein WENIG hilft es IMMER.
Hier bekommst du eine angeleitete Form der Meditation, um depressive Gedanken und Gefühle zu überwinden:
Möglichkeit 2: Negative Gedanken mit positiven „verdrängen“
Ich bin ja sonst nicht so der Freund vom „verdrängen“, aber hier sei das mal erlaubt. Hier geht es einfach nur darum, dein zwanghaftes Grübeln mit etwas Positivem zu unterbrechen – diese positiven Einflüsse könnte man, wenn man es weit fasst, tatsächlich als Medikamente gegen Grübeln bezeichnen. Dazu könntest du zum Beispiel motivierende Vorträge auf Youtube anhören, mitreißende (positive, keine „dunkle“) Musik hören oder einem Podcast lauschen, der sich mit Themen beschäftigt, die dich persönlich weiterbringen.
Diese Möglichkeit wird sich in den ersten Minuten fast immer unnatürlich und wie ein Kampf anfühlen. Das ist normal, da dein Kopf gerade aus seinem Autopilot herausgerissen wird. Aber wenn du dich diesem aufbauenden Einfluss einfach nur lange genug aussetzt (du musst nicht mal ständig konzentriert mithören), dann wirst du die Grundstimmung dieses Einflusses im Unterbewusstsein langsam aber sicher übernehmen –> deine Gedanken werden dieser Grundstimmung dann folgen. Das Grübeln wird weniger und die negativen Gedanken werden immer produktiver, ruhiger und motivierender.
Das sind natürlich keine Langzeitlösungen, die verhindern, dass du jemals wieder in einen negativen Gedankenstrudel gerätst. Aber es sind sehr wirksame Methoden dir selbst zu helfen, wenn scheinbar GAR NICHTS mehr geht. Ich wende BEIDE Methoden auch heute noch sehr oft an.
Dieses Thema spreche ich in diesem Video noch einmal detaillierter an:
Als Fazit: Selbst, wenn du manchmal glaubst, dass du es alleine nicht schaffst: Du brauchst keine Medikamente gegen Grübeln. Und ich will es noch mal ganz klar sagen: Es bringt dir NICHTS, nach LÖSUNGEN für deine Gedanken zu suchen. Du wirst in diesem Zustand keine finden! Nicht weil du zu dumm dazu wärst, sondern weil deine Gedanken das in diesem Zustand einfach nicht zulassen. Verlasse diesen Zustand und suche erst DANACH nach Lösungen. Wenn du innerlich wieder ruhiger bist und dich besser fühlst, wirst du dich wesentlich besser konzentrieren können und auch die produktiven Gedanken werden schneller zu dir kommen.
Weiterführender Artikel >> Depression Selbsthilfe – Was hilft wirklich?
Weiterführende Quellen zum Effekt von Meditation auf das gestresste und depressive Gehirn:
- Zeidan F et al, Neural correlates of mindfulness meditation-related anxiety relief, Social Cognitive and Affective Neuroscience) 2013
- Gard T et al, Pain Attenuation through Mindfulness is Associated with Decreased Cognitive Control and Increased Sensory Processing in the Brain, Cerebral Cortex, 22(11) 2012
Bildquelle: Stefan Insam CC